Digitale Revolution und Bodytalk

Am 4. März 2017 fand im phallusträchtigen Komed im MediaPark Köln eine Tagung unter dem Titel #body*talk – (Digitale) Rollenbilder, Schönheitsdiktat und Empowerment im Netz statt. Wer wollte, konnte sich dafür anmelden und an diesem Tag spannende Vorträge und anregende Diskussionsrunden miterleben. Auch ich war dabei und habe euch aufgeschrieben, was ich gesehen, gehört und gelernt habe. Moderiert wurde die Veranstaltung von Stefanie Lohaus, Journalistin und Mitherausgeberin des Missy Magazine.

Wer möchte das generische Maskulinum verteidigen?

Der digitale Feminismus in Zahlen

Die digitale Revolution ermöglicht uns allen dieselben Chancen im WorldWideWeb? Dort sind wir gleichberechtigt und sichtbar? Diese Fragen lassen sich mit einem klaren NEIN beantworten. Zwar belegen die Auswertungen von Valentina Kerst, Internetrevoluzerin und Gründerin, ein ausgeglichenes Nutzungsverhalten von Männern und Frauen im Netz, doch die qualitativen Unterschiede seien noch immer enorm. So sei weibliche Autorinnenschaft bislang noch deutlich unterrepräsentiert und auch die Kommunikatoren im Netz sind meist männlich konnotiert. Zudem gebe es weiterhin überwiegend heteronormative Rollenstereotype und Selbstpositionierungen, insbesondere in Games Communities. Zwischen Offline- und Onlinesensibilität klaffe eine Lücke, sodass sich Sexismen und Machismen uneingeschränkt Bahn brechen.

Dafür plädiert auch Nicola Döring, Professorin für Medienpsychologie und Medienkonzeption und Mitherausgeberin der Zeitschrift für Sexualforschung. Sie untersucht die Plattform YouTube, die in Deutschland  uneingeschränkt auf Platz 1 der meistgenutzten Portale von Jugendlichen (Altersgruppe 14 bis 29 Jahre) steht. YouTube werde wie eine Suchmaschine genutzt und verrate viel darüber, ›wie Jugendliche ticken‹. Obwohl es zu den jüngeren Medien zähle, sei es teilweise konservativer als die sogenannten alten Medien. In Zahlen: 80 Prozent der Nutzer_innen sind männlich. Dementsprechend gehören zu den beliebtesten YouTuber_innen männlich konnotierte Personen. Andererseits gibt es durchaus erfolgreiche weibliche  YouTubeStars, die nicht nur mit Mode und Schminktipps aufwarten, sondern auch queere Inhalte im Netz verbreiten.

Deshalb dürfe das Internet als Plattform der Selbst- und Fremddarstellung nicht verteufelt werden. Es würden sich dort auch Räume finden, in denen gleichberechtigte Teilhabe jenseits von Gender, Class oder Race praktiziert werde.

Shitstorm und Hate Speech

Mithu Sanyal ist Kulturwissenschaftlerin, Journalistin und Autorin. Sie schreibt Bücher über die Kulturgeschichte des weiblichen Genitals oder die gesellschaftliche Verantwortung in Bezug auf Vergewaltigungen. Vor wenigen Wochen ist sie selbst – aufgrund einer falsch verstandenen Aussage über den Begriff Opfer in der Debatte um Vergewaltigungen – mit einem Shitstorm überzogen worden, der sie einiges im Umgang mit der Internetcommunity gelehrt hat.

Es fehlt der liebevolle Blick! Wir können durch Liebe mitgestalten!

Es stellt sich nämlich die Frage, wer die Deutungshoheit über die (digitale) Selbstpositionierung hat. Wer also darf bestimmen, wie ich mich bezeichne, darstelle oder erlebe? Gegen Hate Speech und Shitstorm helfe vor allem LOVE SPEECH und die positive Verstärkung von konstruktiv-kritischen Kommentator_innen. Außerdem sei es – nicht nur aus rechtlicher Sicht – wichtig, Beweise der Beschimpfungen und Bedrohungen zu sammeln, beispielsweise in Form von Screenshots.

Fat Acceptance

Eine weitere Form des digitalen Feminismus vertritt Magda Albrecht. Sie ist Aktivistin und Politische Bildnerin und schreibt unter anderem für die Mädchenmannschaft. Ihr gehe es um Fat Acceptance statt um Dickenfeindlichkeit. Der sogenannte Diet oder Fat Talk – das Sprechen über Körpermaße und Ernährungsgewohnheiten – lasse kaum Spielraum, um alternative Körperbilder zu etablieren.

Fett ist immer politisch!

Schönheit liegt nämlich im Auge der Betrachter_in und ist stets mit gesellschaftlichen Vorstellungen verbunden.