Schreiben heißt scheitern

Wer mit dem Schreiben eines Textes beginnt, sollte sich zunächst einmal die folgenden Fragen beantworten:
  • Welche Aufgabe soll der Text erfüllen?
  • Soll er informieren, unterhalten oder appellieren?
  • Wer ist das Publikum und wie kann es angesprochen werden?

Die meisten Texte transportieren zudem eine Kernbotschaft. In Fach- und Sachtexten ist das beispielsweise eine Ausgangsthese oder eine Forschungsfrage, die mithilfe von Argumenten belegt beziehungsweise beantwortet werden soll.

Kernbotschaft: Dieser argumentative Höhepunkt bildet die Textmitte, denn um ihn herum muss der Text gestaltet werden.

Nicht immer steht die Kernbotschaft von Anfang an fest. Da der Schreibprozess nicht linear verläuft, sondern zirkulär, in Schleifen und mit Unterbrechungen, kann sich der Fokus des Textes verschieben.

Der rote Faden: Nicht jeder Gedanke, den die Autor_innen verfolgen, ist für die Thematik zielführend.

Er ist vielleicht interessant und beleuchtet einen spannenden thematischen Aspekt. Wenn er jedoch zu viel Gewicht bekommt und sich der Mittelpunkt der Argumentation plötzlich verlagert, lohnt es sich, herauszufinden, ob der Mittelpunkt des Textes vorher falsch gesetzt war oder aber der rote Faden abhanden gekommen ist.

Schreiben ist immer eine kleine Seelenschau: Es geht um das Denken und Fühlen der Autor_in und darum, sich konsequent selbst zu bewerten. Insofern bildet Schreiben den Charakter.

Schreibprozess: Es erfordert Ausdauer, Willenskraft und die Fähigkeit, Scheitern zuzulassen.

Übers Scheitern

Scheitern ist ein Gefühl, das zum Schreiben dazugehört. Nicht jeder Satz klingt nach Kafka und die losen Gedanken im Kopf sind widerspenstig, wollen sich nicht in die feste Form des geschriebenen Wortes zwingen lassen.

Schreiben ist ein Kampf mit sich selbst. Wir kämpfen beim Schreiben um die Gedanken und Wörter, die es zu sagen gilt.

Geschriebenes hat ein Verfallsdatum. Es ist vielleicht nur noch heute frisch und neu und ansehnlich. Morgen oder in zwei Wochen, wenn du deinen Text erneut liest und bewertest, müssen ganze Textabschnitte restauriert, Überschriften umgeschrieben und neue Absätze eingefügt werden.

Die Kunst des Scheiterns beim Schreiben besteht nun darin, sich nicht entmutigen zu lassen.

Der Schreibprozess ist dynamisch und deshalb liegt im Scheitern auch die viel zitierte Chance. Ein Text ist nie verloren, manchmal muss er lediglich neu bewertet, neu justiert, neu besprochen werden. Und wie so oft im Leben lässt sich genau das lernen. Dazu ist es hilfreich, andere Menschen seine Texte lesen zu lassen.